Kürzlich kam ein Mandant erneut zu uns – aufgewühlt, verunsichert, obwohl alles auf Kurs war. Sein Depot, im Rahmen einer ganzheitlichen Finanzplanung entwickelt, hatte rund neun Prozent Rendite pro Jahr erzielt. Es war stabil, breit diversifiziert und exakt auf seine Ziele ausgerichtet. Doch ein Finanzproduktverkäufer hatte aus der Ferne einen oberflächlichen Blick darauf geworfen – ohne Kenntnis des Plans, der Ziele, der Liquiditätsplanung, der Steuervorausplanung oder der Risikoprofilierung – und begann, einzelne Fonds herauszugreifen und mit zufällig gut gelaufenen Produkten der vergangenen fünf Jahre zu vergleichen.
Was folgte, ist ein klassisches Muster: Rückspiegelberatung statt Zukunftsorientierung. Produktverkauf statt Finanzplanung. Emotion statt Struktur.
Der Verkäufer präsentierte einzelne Fonds, die im Rückblick besser liefen, und stellte die Frage: „Warum haben Sie diese Fonds nicht?“ Ein Satz, der regelmäßig Unruhe stiftet – aber selten Substanz hat.
Doch bevor wir auf die Mechanismen dahinter eingehen, möchte ich ein Beispiel teilen, das ich Mandanten seit vielen Jahren erzähle und das oft schlagartig Klarheit schafft.
Die entscheidende Frage: Was hätte er Ihnen vor fünf Jahren empfohlen?
Wenn Mandanten mit Aussagen wie „mein Banker hat mir Fonds empfohlen, die in den letzten fünf Jahren besser liefen als Ihre Struktur“ zu uns kommen, stelle ich grundsätzlich eine einzige Frage:
„Fragen Sie Ihren Banker doch einmal, ob er Ihnen genau diesen Fonds auch vor fünf Jahren schon empfohlen hat.“
In nahezu allen Fällen lautet die Antwort: Nein.
Warum?
Weil Finanzproduktverkäufer in der Regel nicht jene Fonds empfehlen, die künftig gut laufen, sondern jene, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind. Vor fünf Jahren hätten sie ganz andere Fonds empfohlen – nämlich diejenigen, die damals überdurchschnittlich performten. Von denen ist heute oft keine Rede mehr, denn viele davon sind inzwischen ins untere Leistungsdrittel abgerutscht.
Dieser einfache Perspektivwechsel entlarvt Performance Chasing in seiner reinsten Form und zeigt, wie wenig Substanz hinter vermeintlichen Produktempfehlungen steckt.
Performance Chasing – warum es systematisch scheitert
Performance Chasing bezeichnet das Hinterherlaufen hinter den Gewinnern der Vergangenheit. Die wissenschaftliche Datenlage ist eindeutig:
- Top-Fonds eines Fünfjahreszeitraums landen im Folgezeitraum statistisch häufig im unteren Viertel.
• Gewinne tendieren langfristig zum Mittelwert zurück („Mean Reversion“).
• Umschichtungen verursachen Kosten: Steuern, Spreads, Gebühren – und emotionalen Stress.Â
• Anleger, die Vergangenheitsgewinner kaufen, erzielen empirisch schlechtere Ergebnisse als Anleger, die diszipliniert breit diversifiziert investieren.
Die Gewinner der Vergangenheit sind selten die Gewinner der Zukunft. Rückblickcharts sind keine Zukunftsprognose – aber sie eignen sich hervorragend dafür, Produkte zu verkaufen.
Das Beispiel aus der Praxis
Das Depot unseres Mandanten bestand aus einer globalen, breit diversifizierten 80/20-Struktur:
- 80 % weltweit gestreute Aktien – ca. 12.000 Einzeltitel, rund 50 Branchen
• 20 % kurzlaufende Staatsanleihen höchster Bonität – ca. 10.000 Positionen
Diese Struktur wurde nicht zufällig gewählt, sondern aus einem planvollen Prozess heraus: Zielklärung, Liquiditätsplanung, Steuerplanung, Risikoprofilierung und darauf basierender Finanzarchitektur.
Die Anleihebausteine dienen nicht der Renditemaximierung, sondern der Stabilität. Dennoch nahm der Produktverkäufer genau diese Bausteine heraus und verglich sie rückwirkend mit einem Total-Return-Fonds, der zufällig im Fünfjahresrückblick besser lief.
Doch die zentrale Frage lautet auch hier:Â
Hätte er diesen Fonds vor fünf Jahren ebenfalls empfohlen?
Die ehrliche Antwort wäre: höchstwahrscheinlich nicht.
Der Unterschied zwischen Produktverkauf und echter Finanzplanung
Hier zeigt sich, wie fundamental unterschiedlich Finanzproduktverkäufer und echte unabhängige Finanzplaner arbeiten.
Finanzproduktverkäufer:
- beginnen beim Produkt, nicht beim Menschen
• arbeiten rückblickend statt zukunftsorientiert
• argumentieren emotional statt strukturiertÂ
• leben von Umschichtungen und ProvisionenÂ
• betrachten Fonds isoliert statt im GesamtzusammenhangÂ
Ganzheitliche Finanzplaner – wie wir bei WERTE.management – arbeiten diametral anders:
- Wir beginnen beim Menschen, nicht beim Produkt.
• Wir klären Ziele, Werte, Wünsche und Prinzipien.
• Wir erstellen eine detaillierte Liquiditäts- und Steuervorausplanung.Â
• Wir entwerfen eine Finanzarchitektur, die Ihr Leben trägt – nicht Charts.Â
• Wir bauen Portfolios, die Jahrzehnte überdauern sollen, nicht Trendprodukte.Â
• Wir geben Struktur, Klarheit und Seelenfrieden.
Produkte sind Werkzeuge. Der Plan ist das Fundament.
Warum der Plan wichtiger ist als die Performance eines einzelnen Fonds
Ein Gesamtportfolio ist keine Sammlung von Einzelwetten. Es ist ein System. Ein Uhrwerk. Jede Komponente hat eine Funktion – Rendite, Stabilität, Diversifikation, Liquidität, Steuereffizienz.
Ein stabilitätsorientierter Anleihefonds darf nie daran gemessen werden, wie er im Rückblick gegenüber einem chancenorientierten Aktienfonds abschnitt.
Man vergleicht auch keinen Airbag mit einem Motor, nur weil beide in einem Auto verbaut sind.
Was tun, wenn Sie mit „besseren“ Fonds konfrontiert werden?
Stellen Sie Ihrem Banker oder Produktverkäufer künftig einfach diese drei Fragen:
- „Hätten Sie mir diesen Fonds auch vor fünf Jahren empfohlen – bevor Sie wussten, wie er sich entwickelt?“
2. „Welche Fonds haben Sie damals empfohlen – und wo stehen diese heute?“
3. „Welche meiner Ziele, Risiken, Liquiditätsbedarfe oder steuerlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt Ihre heutige Empfehlung?“
Wenn darauf keine klaren Antworten kommen, wissen Sie genug.
Fazit: Seelenfrieden ist wertvoller als jeder Fünfjahreschart
Es ist leicht, sich von vermeintlichen Chancen blenden zu lassen. Doch Wahrheiten in der Finanzwelt sind oft unspektakulär:
- Nichtstun ist manchmal die beste Entscheidung.
• Breite Diversifikation schlägt Selektionsversuche.
• Ein guter Plan schlägt jede Trendempfehlung.Â
• Ruhe schlägt Hektik.Â
• Struktur schlägt Produktmarketing.
Ihr finanzieller Seelenfrieden entsteht nicht durch das Jagen vergangener Gewinner, sondern durch Klarheit, Orientierung und eine Finanzarchitektur, die Ihr Leben widerspiegelt.
Bleiben Sie Ihrem Plan treu.Â
Bleiben Sie strukturiert.Â
Bleiben Sie gelassen.
Denn Ihr Seelenfrieden ist zu wertvoll, um ihn dem Performance Chasing zu opfern.